Wie die CTK-Familienhebamme Hilfe bei Schreibabys gibt

16.11.2022

„Ich habe das Gefühl, mein Kind kommt erst jetzt richtig an“. Für Stefanie During aus Vetschau war Lisa-Marie das dritte Kind, doch die Entbindung verlief ganz anders als gewünscht. Die Geburt musste eingeleitet werden, dann ging alles ganz schnell. „Ich wusste gar nicht, was mit mir passiert. Und dann kam sie auf die Welt und hat eigentlich nur geschrien. Da habe ich mir schon gedacht ‚Mit Dir stimmt doch was nicht‘“, erzählt die Mutter. „Für mich war die Geburt zu schnell und für sie bestimmt auch“.

Auch zu Hause bei der Familie kommt die Kleine nicht zur Ruhe: „Die Tage waren schlimm. Ich habe sie eigentlich nur getragen oder sie hat an der Brust getrunken. Sonst hat sie geschrien.“

Die erfahrene Mama ist fast am Ende ihrer Kräfte. Da empfiehlt ihr ihre Vetschauer Hebamme die Familientherapeutin des Carl-Thiem-Klinikums. Seit dem vergangenen Jahr ist Andrea Noack Familienhebamme, Säuglingstherapeutin und Eltern-Kind-Beziehungstherapeutin am CTK. Sie steht Eltern und ihren Kindern zur Seite, deren gemeinsamer Start nicht optimal verläuft.

„Beim ersten Termin versuche ich, die Situation, in der sich Eltern und Kind befinden, genau kennenzulernen. Sie geben mir ein Feedback über ihre Schwangerschaft, die Geburt und die erste Zeit mit ihrem Kind. Ich schaue mir das Kind an, nehme wahr, wie die Eltern auf die Signale ihres Kindes reagieren, z.B. wenn das Kind untröstlich schreit. Oft versuchen Eltern dann viel zu viel und überfrachten das Kind mit Reizen. Sie füttern, sie windeln, spielen Musik, versuchen das Kind mit Zischlauten zu beruhigen, schunkeln es hin und her. In vielen Fällen wirkt sich das dann eher ungünstig aus, die Kinder können die vielen Reize nicht auf einmal verarbeiten. Hier gebe ich den Eltern Strategien an die Hand, die ihrem Kind helfen können, sich selbst zu beruhigen“, so die 59 jährige.

Dies können z.B. spezielle Bewegungsabläufe wie der ´Elefantengang` sein oder auch die ‚Schwere Hand‘. Dabei wird das Kind auf den Rücken gelegt, die Beine angewinkelt, die Hand der Mutter kommt schwer auf der kindlichen Brust zu liegen. Das Kind hat nun die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen. Insgesamt wirkt sich eine Verlangsamung des Tempos in der Sprache, Gestik, Mimik und im Handling positiv auf das Baby aus. Gelingt es den Eltern, ihrem Kind bei der Selbstberuhigung zu helfen, wirkt sich das natürlich auch positiv auf die Beziehung zwischen ihnen aus.

„Im Fall von Frau During wusste ich aber, dass ich es mit einer sehr erfahrenen Mutter zu tun hatte. Ich hatte sehr schnell die Vermutung, dass Lisa-Marie Probleme mit der Verarbeitung von akustischen Reizen und Gleichgewichtsreizen hat oder dass Blockaden die Ursachen für ihr Schreien sein könnten. Deswegen habe ich auch einen erfahrenen Physiotherapeuten mit osteopathischer Ausbildung herangezogen. Er hat Spannungen im Bauch- und Beckenbereich sowie der Halswirbelsäule festgestellt. Diese konnte er gut behandeln. Für die Lösung einer Blockierung der Halswirbelsäule haben wir die Mutter noch am selben Tag an eine niedergelassene Chiropraktikerin vermitteln können.

Das Ergebnis der unkomplizierten interdisziplinären Zusammenarbeit: Stefanie During konnte mit einem ruhigen Kind nach Hause fahren. „Die ersten Tage waren bombastisch, Lisa-Marie nimmt dank der Beratung von Andrea Noack jetzt sogar einen Nuckel zur Beruhigung“, erinnert sie sich. Doch vor der Familie liegt noch ein langer Weg. Kontinuierlich arbeiten Familienhebamme Andrea Noack und Physiotherapeut Ronald Udewenz jetzt mit Mutter und dem inzwischen drei Monate alten Kind. „Schon die ersten Tipps, vor allem der ‚Elefantengang‘ haben mir geholfen. Aber jetzt, nach den wiederholten Sitzungen merke ich, Lisa-Marie wird langsam ruhiger. Ich gehe jetzt auch alles ganz langsam an, ohne Stress. Ich muss mich jetzt nach ihr richten. Und wenn es eine halbe Stunde dauert, bis wir für einen Spaziergang fertig sind, dann ist das so. Aber ich gehe mit einem ruhigen Kind raus“, berichtet Stefanie During von ihren Erfahrungen.

Das Konzept der Familienhebamme ist ein präventives Konzept, das Dr. med Jörg Schreier, Chefarzt der CTK Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gemeinsam mit Andrea Noack entwickelt hat. Denn nicht jedes Kind hat einen optimalen Start ins Leben. Das kann unterschiedliche Ursachen haben – manchmal schon in der Schwangerschaft, manchmal liegen die Gründe im Geburtsverlauf.

Das Angebot können alle frischgebackenen Eltern der Region in Anspruch nehmen. „Oftmals kommen zu uns Eltern mit großem Leidensdruck. Eltern, die an sich zweifeln und glauben, sie werden ihrer Elternrolle nicht gerecht. Meist sind sie bereits sehr erschöpft und fühlen sich mit ihrem Kind unsicher“, erzählt die erfahrene Hebamme und Säuglingstherapeutin.

„Ich sage manchmal scherzhaft ‚Unsere Babyflüsterin‘ zu ihr. Wir bieten mit Andrea Noack eine neue Qualität in der ganzheitlichen Behandlung von Schwangeren und Neugeborenen. Die Bindung zwischen Mutter und Kind – aber auch zwischen Vater und Kind ist von immenser Bedeutung u.a. auch für die Entwicklung des Kindes.“, ist Dr. med. Jörg Schreier überzeugt. „Wir wollten nichts kopieren. Wir haben etwas CTK-typisches entwickelt.“

Stefanie During ist einfach nur glücklich: „Ich habe das Gefühl, Lisa-Marie kommt erst jetzt richtig an.“